Der Tag fing richtig gut an. In Halle 3. Der Halle für Holzspielzeug und Spielzeug aus Naturmaterialien. Ich hatte ein klares Ziel vor Augen: Ideen für meine Outdoor-Abenteuerbox finden und mit Herstellern in Kontakt kommen. Das lief richtig gut und mein erster Besuch auf der 72. Spielzeugmesse in Nürnberg hatte einen grandiosen Start.
Auf dem Weg in Halle 10 zu Spielen, Büchern und Experimentieren – mitten durch die Hallen für Technisches Spielzeug, edukatives Spielzeug und die Aktionsspielwaren hindurch – wurde ich immer nachdenklicher. Das konnte auch das internationale Flair bei der Kaffeepause nicht ändern.
Und dann kam die Halle mit meinen höchsten Erwartungen.
Outdoor. Sport, Freizeit, Outdoor um genau zu sein. Trotz digitaler Zeiten ungebrochen stark nachgefragt, stand in der Messebroschüre. Um es auf den Punkt zu bringen: In der Halle war alles voll von Dingen, die üblicherweise draußen stattfinden. Üblicherweise. Denn wer braucht schon Barfußpfade und grüne Wiese bei Sensorik-Matten aus hochwertigem Kunststoff? Welches Kind muss noch auf einen Baum klettern und den Körper ausbalancieren, wenn es die verschiedensten Wackelbretter fürs Wohnzimmer gibt?
Können wir wirklich das „echte Outdoor“ mit ausgefeilten Spielmaterialien ersetzen und im Wohnzimmer stattfinden lassen, wenn dies nur groß genug ist?
Bist du bereit? Dann ist heute mal nichts mit Kaffee holen und gemütlich machen, sondern: Meine 5 Dinge lesen, die Kinder nur beim Klettern auf einen Baum lernen, Kommentar ganz unten hinterlassen und dann ab mit deinen Kindern nach draußen – ins echte Outdoor-Leben vor der Haustür.
1. Kinder lernen Herausforderungen zu meistern und ihre motorischen Fähigkeiten zu nutzen
Jeder Baum ist anders – im Gegensatz zu einem vorgefertigten Parcours oder Gegenstand. Egal, ob es sich um hochwertiges Kunststoffmaterial, tolle Holzkonstruktionen, Edelstahlstäbe oder einem Mix von Materialien handelt. Das ändert nichts an der Sache, dass vorgefertigte Dinge gleich bleiben. Immer. Ein Baum hingegen verändert sich im Jahresverlauf und über die Jahre hinweg. Mal ist die Rinde rutschiger oder neue Äste sind gewachsen, die mit der Zeit einen tragen. Der Stamm wird dicker und mit dem eigenen Wachsen ändern sich die Herausforderungen.
Wenn Kinder auf Bäume klettern, müssen sie ihre motorischen Fähigkeiten nutzen und diese entwickeln, um nach Ästen zu greifen, zu balancieren und ihren Körper zu koordinieren. Wenn sie sich dann auf einen Ast setzen, zu einem hinauf schwingen oder einen etwas gewagten Sprung schaffen, entwickeln sie automatisch ein Gefühl von Stolz und Selbstbewusstsein. Durch die Veränderungen des Baumes müssen sie sich immer wieder anpassen, Neues ausprobieren, mutig sein und verbessern dabei spielerisch ihre Kompetenzen.
2. Kinder entwickeln ein sensorisches Gespür und schulen ihren Tastsinn
Beim Klettern auf Bäumen benutzen Kinder ihre Hände und Finger, um nach Ästen zu greifen und sich selbst zu halten. Durch das Greifen von Ästen oder Anfassen von Rinden und Blätter schulen sie spielerisch ihren Tastsinn und lernen auch ihre Finger beweglich einzusetzen, um einen sicheren Halt zu finden und den Körper in Balance zu halten. Glatte Äste, raue Rinden oder weiche Blätter werden damit erfahrbar und es braucht keine zusätzlichen Spiele mit verbundenen Augen, um etwas zu fühlen und zu vergleichen. Das passiert beim auf den Baum klettern fast im Vorbeigehen.
3. Kinder lernen ihre körperlichen Grenzen auszuloten
Wenn Kinder auf Bäume klettern, lernen sie ihre eigenen körperlichen Grenzen kennen. Ein Gefühl für die eigene Kraft und Geschicklichkeit entwickelt sich schnell. „Mama, noch einen Ast höher, o. k.?“ schallte es vom Baum, während ich in der Nähe war, um unterstützen zu können, falls die eigene Kraft doch ein wenig überschätzt wurde. „Sicherheit geht vor“ war dann auch so ein Satz, den ich nach oben rief. Mal wurde dieser berücksichtigt, mal nicht.
Wenn Kinder ihre eigenen Grenzen austesten und herausfinden dürfen, was sie können und was nicht, entwickeln sie ein viel stärkeres Bewusstsein für ihre eigenen Fähigkeiten. Klar, jeder Ast höher reizt, aber sie lernen, mit dem Bäume klettern auch Risiken einzuschätzen. Wenn sie sich beispielsweise nicht in der Lage fühlen, höher zu klettern, lernen sie ihre Grenzen zu akzeptieren und alternative Wege zu finden, um ihr Ziel zu erreichen.
4. Kinder finden kreative Lösungen und neue Wege zum Ziel
Alternative Wege finden und sich kreative Lösungen auszudenken, beschränkt sich nicht auf das Bäume klettern. Für mich sind das zwei Lernfelder, die in so vielen Erlebnisse in der Natur vorkommen, dass sie gar nicht umgangen werden können. Außer, wenn Outdoor im Wohnzimmer stattfindet. Dann beschränken sich die Lernfelder auf die Möglichkeiten, die dem Spielgerät, der Sensorik-Matte oder dem Parcours mitgegeben wurden.
Ob beim Bäume klettern oder bei der Bachüberquerung: Kinder müssen möglicherweise verschiedene Äste oder Steine ausprobieren oder sich einen anderen Weg suchen, wenn sie an einer schwierigen Stelle nicht weiterkommen. Völlig spielerisch passiert dann das, was wir in unserer Erwachsenenwelt so wertvoll finden: Problemlösungsfähigkeiten trainieren, kreative Lösungen finden und alternative Wege gehen.
Und wenn dann noch die Fantasie dazu kommt, so dass der Baum gar kein Baum ist, sondern ein Schiff, welches bis zu den Wolken reicht oder der Baum in einem magischen Wald steht, dann kann jede künstlich erschaffene Welt einpacken.
5. Kinder lernen sich selbst zu vertrauen und etwas erreichen zu können
Wenn Kinder erfolgreich auf Bäumen klettern, stärkt das ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstwertgefühl. Sie lernen, dass sie etwas erreichen können, wenn sie sich anstrengen, aber auch, dass mehrere Wege zum Ziel führen können.
Sie müssen ihre eigenen Fähigkeiten nutzen und wenn sie auf einen Ast klettern oder eine schwierige Stelle meistern, dann haben sie das aus sich selbst heraus erreicht. Und dieses Gefühl, wirkt sich auf so viele andere Bereiche aus, denn die Herausforderung ein Stück auf den Baum zu klettern wurde angenommen, eigene Grenzen akzeptiert, Lösungswege gefunden und das allerwichtigste hat auch nicht gefehlt: Es hat einfach Spaß gemacht!
Fazit: Wir können Outdoor nicht simulieren und ins Wohnzimmer holen
Unsere Kinder brauchen die Natur, das „echte Outdoor“ als Spielraum. Das echte Erlebnis kann kein ausgetüftelter Parcours, keine Kunststoffmatte, kein Schaukel-Holzbrett und auch nicht die größte Halle voller Spielgeräte ersetzen. Verschwenden wir also doch nicht unsere Zeit, um immer wieder nach neuen Spielgeräten zu schauen, sondern gehen mit den Kindern raus!
Als Chemikerin, ScienceLab-Kursleiterin und Mama ermutigt und inspiriert Stefanie Kinder zum Forschen, zum Entdecken und auf abenteuerliche Reisen zu gehen.
Auf ihrem Blog und im Podcast bietet sie ungewöhnliche Outdoor-Ideen für die ganze Familie – mit einer Prise spielerischer Einblicke in die Naturwissenschaften, die uns umgeben.
Mit den Outdoor-Abenteuerboxen und den Online-Forscherworkshops lädt sie Kinder dazu ein, richtige Forscher-Abenteuer zu erleben.
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